Wie ich zu der Sternenkindphotographie kam – oder warum es so wichtig ist, dem Tod Raum im Leben zu geben.

Seitdem ich Teil der Stiftung Dein Sternenkind bin und ehrenamtlich Sternenkinder photographiere, werde ich immer wieder gefragt: „Wie schaffst du das?“ Aber es ist für mich keine Frage des Schaffens oder des Könnens, sondern der Notwendigkeit. Dahinter verbirgt sich meiner Meinung nach eine ethische Grundeinstellung: Was ist schön? Was darf photographiert und gezeigt werden? Woran will ich mich erinnern?

Ich finde es schade, dass es ein Ideal von Schönheit und damit auch von einem schönen Leben gibt. Zum einen, weil dieses Ideal die Sicht auf Menschen, auf Dinge und auf das Leben selber in sich begrenzt, und zwar auf ein Minimum reduziert. Und zum anderen würde das bedeuten, dass nur sehr wenige Menschen und sehr wenige Momente wirklich schön sind und diesem Ideal entsprechen. Ist denn ein Sternenkind etwa weniger liebenswert als ein Neugeborenes?

Ein Sternenkind erinnert an die Fragilität des Lebens, daran, dass nicht immer alles glatt läuft, nicht immer alles gut wird. Für Eltern und Betroffene ist die Konfrontation mit dem Tod des Kindes oft ein traumatisches Erlebnis. Es bleiben ihnen nur wenige Stunden mit dem Kind, in denen sie es begrüßen und zugleich verabschieden müssen. Das Kind, das sie sich sehnlichst gewünscht haben, für das sie bereits ein Platz in der Wohnung und im Herzen haben, müssen sie loslassen.

Das erste und letzte Bild, das ist unser Auftrag, unsere Mission aller Sternenkindphotographinnen und -photographen. Wir wollen Erinnerung schenken. Erinnerung an das Kind, das in den Familien nicht aufhört zu existieren, nur weil es physisch nicht am Alltag teilnimmt, sondern immer Teil der Familie ihrer Geschichte bleibt. So befremdlich es sich anhören mag, ich erlebe oft, dass neben der Trauer auch eine tiefe Liebe, Freude und Stolz über das Kind spürbar ist. Ich sehe, wie sie es sich genau anschauen: die Ohren, die Lippen, die Augenpartie. Sie berühren die Hände, halten es in ihren Armen, liebkosen es. Die Eltern dürfen Wünsche äußern, sie dürfen sagen, was ihnen wichtig ist. Ich lasse mich ein und photographiere das, was es ist: die bedingungslose Liebe zum Kind, das den Schritt in das Leben aus sehr unterschiedlichen Gründen nicht geschafft hat.

Wenn ich gehe und mich von der Familie verabschiede, fühle ich mich in den allermeisten Fällen beschenkt. Denn die bewusste Auseinandersetzung mit dem Tod bringt mir vor allem eins bei: Dankbarkeit für das Leben.